Ich werde hier zwei Themenkomplexe zusammen behandeln, die in den Verfassungsentwürfen natürlich nicht zusammengefaßt sind, aber bezeichnenderweise hintereinander stehen.
Alle drei Texte nennen die allgemeine Wehrpflicht als Grundlage des Heeres und die Vaterlandsverteidigung sowie die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung als dessen Aufgabe. Im ersten, von Hérault vorgestellten Entwurf ist die Herkunft des Artikels 108 aus Saint-Justs Feder unübersehbar. Saint-Just schreibt: „Die Republik unterhält in Friedenszeiten eine Streitmacht, die groß genug ist, um jeder unerwarteten Attacke zu begegnen und die Autorität der Gesetze aufrechtzuerhalten.“ Der Entwurf lautet: „Die Republik unterhält in Friedenszeiten eine Streitmacht zu Lande und zu Wasser, die ausreicht um den inneren und äußeren Frieden zu erhalten.“ Und erst auf Anregung Ducos‘ wird der Hinweis auf den inneren Frieden gestrichen. Saint-Just erklärt eine Armee, die einen Chef wählt, als rebellisch, die Verfassung übernimmt von Condorcet den Satz, daß kein Teil der Armee beraten dürfe und von Saint-Just, daß es keinen Generalissimus geben könne. Condorcet ist in seinem Entwurf sehr vorsichtig mit den militärischen Befugnissen. Er ist auch der einzige, der sich zur Nationalgarde äußert. Saint-Just scheint mehr um die Soldatenehre besorgt zu sein. Seine beiden letzten Artikel, die nicht übernommen wurden, besagen, daß bei Triumphzügen die Generäle hinter der Truppe zu marschieren haben und daß sich keine Armee ergeben kann, ohne Schande auf sich zu laden. Insgesamt ist der Text der Verfassung ein gutes Stück vorsichtiger gegenüber dem Soldatenstand – wenn auch nicht so ängstlich wie Condorcets Entwurf, in dem die Heeresstatuten jährlich erneuert werden und die Nationalversammlung jedesmal informiert wird, wenn ein Truppenteil zur Bekämpfung öffentlicher Unruhen in einem Département ein anderes durchqueren muß. Der Umfang des Kapitels und sein Grundtenor erinnern an Saint-Just, mindestens zwei Artikel sind wörtlich von ihm übernommen, aber einige Teile dieses Gesetzeskatalogs stammen auch von Condorcet. Wenn Saint-Just diese Artikel diktiert haben sollte, dann wahrscheinlich nur nach Rücksprache und im Einvernehmen mit seinen Kollegen.
Das ist beim Kapitel über die auswärtigen Beziehungen schon ganz anders.
Der erste Artikel, der die Französische Nation zum Freund aller Völker erklärt, ist eine Zusammenfassung des ersten Artikels in Saint-Justs Entwurf. Der zweite Artikel geht auf Danton zurück (Dekretiert am 13. April 1793); der dritte, der den Verbannten Asyl gewährt und es den Tyrannen verweigert, ist wieder eine Zusammenfassung von Saint-Justs 4. und 5. Artikel und der letzte Artikel des Kapitels in der Verfassung „(Das französische Volk) schließt keinen Frieden mit einem Feind, der sein Gebiet besetzt hält“ wird regelmäßig als einer der Beiträge Saint-Justs zur Verfassung von 1793 zitiert. In der Diskussion im Konvent wurde dieser Artikel von Robespierre und Barère gegen Mercier verteidigt. Guyomar zitierte ihn als Argument gegen Thirions Befürchtungen, eine Invasion fremder Mächte könne den Artikel, der die Gebietsaufteilung regelt, ändern.
Ich denke, der ganze Abschnitt ist eine Kurzfassung der Vorschläge Saint-Justs. Der zweite Artikel ist von den politischen Gegebenheiten diktiert, aber insgesamt verwirklichte sich hier Saint-Just selbst. Ich gehe also davon aus, daß er diesen Abschnitt diktiert hat, und daß keiner seiner Kollegen diesen Paragraphen etwas hinzuzufügen hatte. Seine Handschrift ist zu offensichtlich.
Jean Jaurès bemerkt, daß diese „vorsichtigen und stolzen“ Artikel, die verfassungsmäßig die territoriale und politische Unversehrtheit des revolutionären Frankreichs festlegen, auch Friedensverhandlungen möglich machten. Der Artikel 121 sei eine heroisch formulierte Absage an die waghalsige Politik einer (französischen) universalen Propagandaarmee. Verglichen mit den entsprechenden Artikeln in Saint-Justs Entwurf sind sie jedoch nur ein zusammengestückelter Abglanz einer ursprünglichen Großzügigkeit, die der Verfassung gut gepaßt hätte.